Messe ohne Immobilien – Interview mit P.Gratzl

Messe ohne Immobilien

Sanierer, Baufirmen und Makler präsentieren sich am Wochenende in der Erdinger Stadthalle. Nur Häuser zum Verkauf gibt es so gut wie keine. Der Markt ist und bleibt leer gefegt

Von Max Ferstl, Erding

Peter Gratzl hatte damals mit seinem Büro einen kleinen Stand aufgebaut. „Recht nett“ sei es gewesen, sagt Gratzl, aber nicht mehr: „Wir haben festgestellt, dass es sich für uns nicht lohnt.“ Deshalb verzichtet er seitdem. Der Makler gab Geld für einen Stand aus, um Menschen zu treffen, die eine Immobilie suchen. Er sagt: „Kunden, die sich für eine Immobilie vormerken lassen, haben wir viele. Auch ohne Messe.“

Oliver Griesenbrock hat in diesem Jahr keine Einladung bekommen. Er wurde nicht gefragt, ob das Immobilienbüro Sperr & Zellner an der vierten Erdinger Immobilienmesse am 28. und 29. Oktober teilnehmen möchte. „Vielleicht sind wir übersehen worden“, vermutet Geschäftsführer Griesenbrock. Aber halb so wild, er hätte ohnehin abgesagt. „Was soll ich den Leuten anbieten? Ich habe nichts in Erding.“ Das hätte er auf der Messe jedem Interessenten sagen müssen, er hätte „Negativwerbung“ betrieben. Da verzichtete Griesenbrock lieber.

Ein Großteil der Branche denkt offenbar ähnlich. Unter den 25 Ausstellern, die am Wochenende in der Stadthalle ihre Stände aufbauen, sind nur vier Makler. „Die Messe ist ein Spiegel der Marktlage“, sagt Veranstalter Detlef Garthen. Der Schwerpunkt habe sich schon in den vergangenen Jahren verschoben. Es werden überwiegend Bau- und Sanierungsfirmen ihr Angebot präsentieren: Terrassendächer, schlüsselfertige Häuser, Photovoltaik-Anlagen. Die diesjährige Messe dürfte deshalb vor allem für Leute interessant sein, die schon ein Haus oder zumindest Baugrund besitzen. Garthen spricht von einem „ausgewogenen Mix“, Georg Sellmeier hingegen von einer „Baumesse“.

Sellmeier ist Geschäftsführer von VID-Immobilien, eines der wenigen Büros, die am Wochenende in der Stadthalle ihr Glück versuchen. Sellmeier hat sich in diesem Jahr ebenfalls die Frage gestellt, ob sich die 2000 Euro für Standgebühr, Mitarbeiter und Materialien lohnen. Und sie mit Ja beantwortet. „Letztlich ist es doch eine Chance.“ Er sieht es so: „Wenn ich zwei Wohnungen vermiete, hat sich die Sache gelohnt.“ Sellmeier kann in diesem Jahr einige Häuser zum Kauf oder zur Vermietung anbieten, wobei das Verkaufen längst nicht mehr der schwierige Teil seines Jobs ist: „Die Hausführung könnte mittlerweile auch ein Hund erledigen“, vermutet Sellmeier. Viel schwieriger sei es, überhaupt Objekte zu finden. In der Akquise sieht er deshalb eine weitere Chance der Messe. Sellmeier erzählt, dass ihm im vergangenen Jahr jemand ein Grundstück angeboten hat, das er ansonsten wohl nicht bekommen hätte. Ein Glücksfall, denn: „Die Situation auf dem Markt ist schwierig.“ Die Nachfrage ist trotz einiger Neubauprojekte enorm. Die Preise für Immobilien sind in Erding zwischen Herbst 2016 und Frühjahr 2017 sogar deutlich schneller gestiegen als in München. Das geht aus einem aktuellen Bericht des IVD-Marktforschungsinstituts hervor. Eine Eigentumswohnung kostet heute durchschnittlich 75 Prozent mehr als vor fünf Jahren.

„Vermieter und Verkäufer können die Preise diktieren“, sagt der Erdinger Immobilienmakler Karl Kainz. Das betreffe alle Sparten: Mieten, Eigentumswohnungen, Baugrund. Das Angebot ist zu gering, um die hohe Nachfrage zu bedienen. „Es gibt einfach kaum Objekte auf dem Markt“, sagt Kainz. Er rechnet damit, dass die Preise weiter ansteigen. „Bauen, bauen, bauen“ sei das einzige, was den Preisanstieg stoppen könnte. Trotz der angespannten Marktlage hat sich für Kainz die Immobilienmesse in den vergangenen Jahren gelohnt. Er hat Häuser verkauft, vermietet und vor allem: Kontakte gepflegt. „Manchmal kann man Erfolg nicht in Zahlen messen“, sagt er. Deshalb macht sein Büro in diesem Jahr wieder mit. Andere Makler haben diesen Erfolg zuletzt allerdings nicht mehr gespürt. „Es sind in den vergangenen Jahren weniger geworden“, sagt Kainz.

 

Quelle:      http://www.sueddeutsche.de/muenchen/erding/hohe-nachfrage-kaum-angebot-messe-ohne-immobilien-1.3725878