Messe ohne Immobilien – Interview mit P.Gratzl

Pasinger Bauernhof zu verkaufen – für 9,3 Millionen Euro

Aufgrund der Baufälligkeit des alten Hofs an der Planegger Straße kann der Marmor-Händler das Gelände nur noch von außen nutzen.

Von Jutta Czeguhn

„Denkmalgeschützter Bauernhof mit großem Grundstück in Toplage“ – es gibt nicht mehr viele Objekte in Pasing, die man so bewerben kann. Der Riegerhof an der Planegger Straße steht zum Verkauf. Das Anwesen in unmittelbarer Nachbarschaft zur historischen Gatterburg und der Pasinger Moschee, das in seiner Bausubstanz aus dem Jahr 1870 stammt, soll für knapp 9,3 Millionen Euro den Besitzer wechseln.

Die Verkaufsanzeige der Erdinger Schneider & Gratzl Immobilien GbR macht keinen Hehl daraus, was auf den Käufer zukommen würde: „Haus und Stallgebäude müssen komplett saniert werden“, heißt es in der Anzeige im Internet, die auch eine Reihe von Fotos liefert. Auch da wird nichts beschönigt. Zu sehen sind rußgeschwärzte Wände, vorzeitliche Strohdämmung, die in Büscheln von den Decken hängt, aufgerissene Holzplanken der Fußböden, enorme Löcher in den Ziegeldächern, durch die Tageslicht einfällt, provisorisch gestütztes Gebälk.

Was man aus der Verkaufsanzeige nicht erfährt: Martin Rieger, der Eigentümer des Pasinger Gehöfts, klagt vor dem Verwaltungsgericht München gegen einen Bescheid der Landeshauptstadt, der ihm den Abriss des Hofes untersagt. Es geht Rieger um den gesamten Komplex: um das Wohnhaus, in dem er und seine Frau Ingrid bis 1977 gewohnt hatten und das 2011 bei einem Brand schwer beschädigt wurde, zudem um die L-förmig angelegten Stallgebäude, die bei einem Gewitter teilweise abgedeckt wurden.

Riegers Argumente: Die Sanierung des maroden Bestands sei extrem aufwendig und ihm wirtschaftlich nicht zuzumuten. Zudem würde im Falle einer Sanierung von der historischen Bausubstanz des Hofes nicht mehr allzu viel übrig bleiben. Martin Rieger hatte in die Verhandlung im April 2017 einen von ihm beauftragten Sachverständigen für historische Bausubstanz als Gutachter mitgebracht. Dieser teilte der vorsitzenden Richterin Marion Pauli-Gerz mit, dass für Wirtschaftsteil und Stall „akute Einsturzgefahr“ bestünde. Dort seien Stahlträger im Kappengewölbe gebrochen, die Korrosion weit fortgeschritten. Der Wohnbereich sei seit dem Brand unbenutzbar, zudem schadstoffbelastet.

Riegers Gegner vor der achten Kammer des Verwaltungsgerichts sind die Obere und Untere Denkmalschutzbehörde, letztere ist beim Planungsreferat der Landeshauptstadt angesiedelt. Aus deren Sicht handelt es sich beim Riegerhof um ein Einzelbaudenkmal, das wiederum zum Denkmalensemble „Ehemaliger Ortskern Pasing“ gehört und sehr wohl erhalten werden könnte. Man habe dem Eigentümer für ein solches Projekt auch Fördermittel aus dem Entschädigungsfonds angeboten.

Eine Entscheidung in der Sache steht noch aus. Laut Rieger-Anwalt Michael Hauth ist man derzeit noch „mitten im Prozess“. Das Verwaltungsgericht hat ebenfalls einen Sachverständigen bestellt, der ein Gutachten über die Erhaltungswürdigkeit beziehungsweise den Abbruch des denkmalgeschützten Hofes erarbeiten soll. Erst wenn dieses vorliegt, werden sich Kläger und Beklagte wieder vor Gericht sehen. In der Zwischenzeit, das bestätigt Ingrid Rieger, lasse man, einer Verfügung per Eilantrag der Stadt folgend, Erhaltungsmaßnahmen am Gebäude vornehmen. Anfang dieses Jahres war noch einmal ein kleiner Teil des Daches eingebrochen.

„Würden Sie sich mit 3,5 Millionen Euro verschulden, um dieses Ding wieder herzustellen?“, hatte Rieger-Anwalt Hauth in der Verhandlung vor knapp einem Jahr der Richterin die rhetorische Frage gestellt. Keine Bank würde seinem Mandanten aufgrund von dessen fortgeschrittenem Alter einen derart hohen Kredit gewähren. Dass sie den Hof nun zum Kauf inseriert hätten, sei eine Auflage des Gerichts, sagt Ingrid Rieger. Der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Martin Friedrich, wiederum verneint, dass es eine Anweisung in diese Richtung gegeben habe.

Der Preis von knapp 9,3 Millionen Euro, mit dem der Riegerhof nun zum Verkauf angeboten wird, richtet sich laut Anwalt Hauth nach dem Bodenrichtwert, den der Gutachterausschuss der Landeshauptstadt alle zwei Jahre veröffentlicht. Der Wert für das insgesamt circa 2340 Quadratmeter große Grundstück unweit des Pasinger Stadtparks ist zum derzeit aktuellen Stichtag 31. Dezember 2016 abgerufen worden, wie man auch der Verkaufsanzeige von Schneider & Gratzl Immobilien entnehmen kann. „Sämtliche Ausstattungsmerkmale sind irrelevant, da das Haus komplett zu sanieren ist“, erfahren dort potenzielle Käufer, was den derzeitigen Rechtsstand wiedergibt.

„Von außen sieht’s schöner aus als von innen“, kommentiert Ingrid Rieger die drastischen Fotos, die auf der Immobilien-Anzeigen zu sehen sind. Sollte sich ein Käufer für das Grundstück samt Hof finden, auf dem noch bis zum Auslaufen des Mietvertrags Ende November 2018 ein Marmor-Händler sein Geschäft betreibt, müsste sich dieser an alle Denkmalschutzauflagen zum Erhalt der historischen Immobilie halten, sagt Gerichtssprecher Friedrich. Unter Umständen könnte er in den Prozess des früheren Eigentümers einsteigen, sollte auch er eine Abbruchverfügung erstreiten wollen.

Gesetzt den Fall aber, der Hof lässt sich wegen der gegebenen Auflagen nicht zum angesetzten Preis verkaufen, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Riegers dies in der nächsten Verhandlungsrunde vor Gericht womöglich als Argument zu ihren Gunsten ins Feld führen.

 

 

Quelle:      http://www.sueddeutsche.de/muenchen/gentrifizierung-in-muenchen-pasinger-bauernhof-zu-verkaufen-fuer-millionen-euro-1.3925362